Haushalt 2023 – Stellungnahme AL / GRÜNE

Sehr geehrte Frau Vorsitzende liebe Kolleginnen und Kollegen, werte Damen und Herren,

ich darf Ihnen in dieser ersten Stavo des neuen Jahres noch einmal alles Gute wünschen, Ihnen und ihren Liebsten ein gesundes Jahr 2023, uns allen ein friedlicheres Jahr 2023.

Am 8. Februar 2022, sind wir hier zusammengekommen, um den Haushalt 2022 zu beraten und zu verabschieden.

Wenig haben wir damals geahnt, was uns bevorsteht. Noch mit der Corona-Pandemie kämpfend, hatten wir alle auf eine positive Entwicklung für die nächsten Monaten gehofft.

Doch es kam anders. Mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und dem schrecklichen Leid der dortigen Menschen war die Welt eine andere, jegliche Jahresplanung – auch der Kommunalpolitik – durch den Krieg auf den Prüfstand gestellt.

Einmal mehr war der Krisenmodus gefragt –

  • die Entlastung der Bevölkerung,
  • die Aufnahme und Versorgung der Geflüchteten,
  • ja, auch die Vermeidung von Energiemangellagen & der Umgang mit der Inflation all das war und ist gefordert und mit einer beispiellosen Kraftanstrengung von Politik und Gesellschaft im letzten Jahr verbunden. Diese Zeitenwende ist über uns gekommen durch den Ukraine-Krieg – wir sind den Folgen allerdings nicht schicksalhaft unterworfen. Wenn wir doch eines gelernt haben in den letzten drei Jahren, dann, was alles möglich ist, wenn wir nur wollen. Wie geduldig und solidarisch wir sein können, wie kreativ, ja wie schnell Planung funktionieren kann. Ja die Zeitenwende ist über uns gekommen, aber die Politik in Bund, Land und Kommunen unternimmt alles, um die in Menschen dabei zu unterstützen dieser nicht ausgeliefert sein.

Der vorliegende Haushalt ist somit Antwort auf eine Krisensituation und zugleich Ausdruck unseres politischen Selbstverständnisses und der zugrunde liegenden politischen Ziele – darauf möchte ich anfangs kurz eingehen.

  1. Ökologie und Ökonomie sind keine Gegensätze sondern bedingen einander – die Märkte, das gesellschaftliche Zusammenleben, die Mobilität der Zukunft sind klimaneutral & umweltgerecht – daran gibt es keinen Zweifel. Auch in der Kommune gilt daher: a. Städtebauliche & gewerbliche Weitereinwicklung mit Augenmaß ohne Naturzerstörung und zugleich Erhaltung unser grünen Mitte.
  2. Wir halten die Sozialstaatlichkeit und das Prinzip der Solidarität hoch – die demographische Entwicklung der Gesellschaft, die Möglichkeiten für Bildung und Betreuung, Hilfe für in Not Geratene und für Geflüchtete haben für uns hohe Priorität
  3. Wir fördern bürgerschaftlichen Engagements und Teilhabe – die Vereine, Rettungsdienste, soziale Hilfsorganisationen, die nachbarschaftlichen und ehrenamtlichen Strukturen in den Stadtteilen, aber auch Möglichkeiten für die junge Bevölkerung sich in Rödermark heimisch zu fühlen – all das wollen wir mit dem vorliegenden Haushalt weiter stärken.

Ich möchte im nächsten Schritt im Detail auf die einzelnen Bereiche eingehen und einige der Haushaltspositionen hervorheben

Der Erhalt eines lebenswerten Planeten und einer intakten Umwelt ist die zentrale politische Aufgabe unserer Zeit, auch hier in Rödermark gilt – wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt und müssen alles dransetzen

Der Klimawandel führt zu zunehmenden Dürren und greift unsere Wasservorräte an die Berichte der zuständigen Behörden sind bekannt:

o Wir gehen das mit 230.000 EU für das Landes-Programm 100 wilde Bäche an – ein Beitrag zur Grundwasserneubildung und Renaturierung, die bestens angelegt sind.

Wir arbeiten weiter aktiv an der klimaangepassten Stadt von morgen und investieren in die Stadtnatur konkret:

o 100.000 EUR stehen bereit für die grundhafte Erneuerung von Baumstandorten in Rödermark;

o 1 Mio. EUR für Maßnahmen im Landes-Programm „Zukunft Stadtgrün“

Und uns ist wichtig, dass wir Stadtentwicklung generationenübergreifend und ganzheitlich denken, hier zählt besonders unsere

o Landesprogramm „Wachstum und nachhaltige Erneuerung“, in das wir auch dank der tatkräftigen Mithilfe von interessierten Bürgerinnen und Bürgern aufgenommen wurden, hervorzuheben sind dabei

▪ die Aufwertung des Ortskerns Ober-Roden,
▪ des Parks am Entenweiher und der Fläche am Badehaus
▪ – vor allem aber auch die realistische Perspektive für ein neues

Jugendzentrum, das der jungen Generation zugutekommt.

In unserem Rödermark lässt es sich gut sicher leben, das zeigen die geringen Kriminalitätszahlen, doch darauf ruht sich die Verwaltung nicht aus, sondern arbeitet an neuen Konzepten – auch durch Umsetzung des Kompass-Programms und der verbundenen Arbeit an unserer kommunalen Sicherheitsarchitektur.

Wer von Stadtentwicklung spricht, muss natürlich auch Mobilität mitdenken – die Verkehrswende als bundesweites klimapolitisches Ziel wollen wir auch kommunal in Rödermark vorantreiben. Seit letztem Jahr gehen wir mit dem On-Demand Service Hopper die Antriebswende an – diese elektrischen Fahrzeuge erfreuen sich in Rödermark besonders hoher Nachfrage und der Kreis OF nimmt damit landes-/Bundesweit eine Vorreiterrolle ein. Auch hier ist der Kreis ab 2024 auf weitere Landes/Bundesmittel angewiesen, eine spürbare Kostensenkung

Zugleich muss individuelle Mobilität in Rödermark auch PKW-frei möglich sein, hierfür planen wir die notwendigen Mittel von 130K EUR für das Radwegekonzept im Haushalt ein – die dafür notwendige Verwaltungsstelle in der Verkehrsplanung muss zügig besetzt werden und darf nicht weiter Flaschenhals bei dem Thema sein wir sind ja hier in den finalen Zügen. Allerdings, und auch das ist kein Geheimnis, zeigt sich hier, wie Kommunen unter dem breit wirkenden Fachkräftemangel leiden. Nicht nur im sozialen Bereich – auch Fachkräfte in der Planung, im Klimaschutz und der IT werden fast überall händeringend gesucht und wenn Sie gefunden sind, gehen sie im Zweifel in die Privatwirtschaft. Von diesem gesamtwirtschaftlichen Trend bleibt auch Rödermark nicht verschont.

Straßenverkehr bedeutet allerdings auch Lärm, die verschiedenen Bürgerinitiativen in Rödermark können davon ein Lied singen – wir nehmen diese Sorgen ernst – im Haushalt haben wir u.a. in diesem Zuge 400K für die Straßensanierung an der Rodaustraße eingeplant – doch auch hier möchte ich unterstreichen:

Die Bundespolitik ist in der Pflicht. Tempo 30 Innerorts muss möglich werden, dazu bekennen wir uns. Hier wird die vielbeschworene kommunale Selbstverwaltung massiv beschnitten, denn die Repräsentanten vor Ort werden zwar vom Souverän in die Pflicht genommen, können widerum in der Sache allerdings nicht entscheiden.

Der Gutachter in Sachen Verkehr Rodaustraße hat in seiner Präsentation das Problem beim Namen genannt – das Bundesverkehrsministerium blockiert bei Tempo 30 zum Nachteil der belasteten & lärmgeplagten Bürgerschaft – hier bleibt uns daher nur der Appell an die Zuständigen im Bund:

Stellen Sie sich ihren eigenen Dämonen, machen Sie die Straße frei für Tempo 30 auf grüne Unterstützung im Bund können Sie sich dabei alle mal verlassen.

Betreuung

Eine Familienfreundliche kommunale Infrastruktur ist zentraler Eckpfeiler unserer Politik

– vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels in so vielen Bereichen, muss die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zentrale politische Aufgabe sein. Investitionen in diesem Bereich haben für uns höchste Priorität und das gehen wir an –
An dieser Stelle sei nur das Beispiel der neuen Kita in Urberach „Orwischer Entdecker“ aus letztem Jahr genannt – damit bieten wir Platz für insgesamt 111 Kinder.

Auch die größte Personalgruppe ist indes im Betreuungsbereich beschäftigt. Hierfür sind knapp 50 % der Gesamtaufwendungen erforderlich – und uns ist das jeden einzelnen Cent wert.

Gute Arbeitsbedingungen und angemessene Bezahlung für die ErzieherInnen in diesem Bereich sind das Mindeste der Anerkennung –

ja im Ganzen muss man betonen was die ErzieherInnen, aber auch die LehrerInnen und Lehrer, die PflegerInnen & Pfleger gerade in den letzten drei Jahren geleistet haben, ist kaum in Worte zu fassen – mit ihrem mitunter selbstlosen Einsatz haben sie sich in großen Maßstab an unserer Stadt und Gesellschaft verdient gemacht und Ihnen allen gebührt unser Dank.

Auch in den kommenden Jahren, so viel ist sicher, wird uns das Thema Betreuung begleiten. Ab 2026 besteht für Grundschüler ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung – Die Erweiterung bzw. Sanierung beider Rödermärker Grundschulen gehen wir an und wollen die genannte Zielvorgabe 2026 erreichen – auch dafür stehen wir.

19,5 Stellen im Erziehungsbereich können nicht besetzt werden – mit dieser Schwierigkeit sieht sich ein Großteil der Kommunen konfrontiert – hier wird es in den nächsten Jahren auch darauf ankommen, dass von Bundes/Landesebene entsprechende Ausbildungskapazitäten geschaffen werden.

Lassen sie mich in diesem Kontext, auch ein paar Worte zu unseren städtischen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Allgemeinen sagen –

• 550 Beschäftigte, davon 420 Frauen, also eine beeindruckende Quote von 76%. Beim Personalaufwand 2023 sprechen wir von etwa 23 Mio Euro – da sind auch 3% tarifliche Steigerung enthalten. Jedes weitere % – von den Gewerkschaften zurecht erstritten – wird unser Budget um weitere 230.000 Euro belasten – auch das werden wir im Laufe des Jahres weiter im Blick haben.

Ihre Arbeit passiert oft im Hintergrund, aber sie ist von unschätzbaren Wert, sodass ich stellvertretend einige Bereiche städtischer Verwaltung bzw. öffentlicher Betriebe im Namen meiner Fraktion nennen und danken will:

  • Unser Gremiumbüro stellt demokratische Teilhabe und die Betreuung von fast 300 ehrenamtlichen Menschen in Rödermark sicher. Die Möglichkeit sich einzubringen, sich zu beteiligen, schafft auch demokratische Akzeptanz und ist ein Grundpfeiler unseres Zusammenlebens. o Auch der reibungslose Ablauf von Wahlen – oft ein Kraftakt für die Verwaltung neben dem Tagesgeschäft – darf dieser Tage einmal hervorgehoben werden – Berliner Zustände sind zu vermeiden.
  • Die Finanz- und Steuerverwaltung, die meist geräuschlos im Hintergrund arbeitet, rechnet zum Beispiel mit 1,3 Mio Buchungen im laufend Jahr.
  • Weiter zu nennen – die 87 Beschäftigen in den Kommunalen Betrieben – sie kümmern sich um Abfall, Abwasser, Badehaus, Betriebshof und Gebäudewirtschaft. In all diesen Geschäftsfeldern können die Gebühren stabil bleiben, obwohl es vor dem Hintergrund des Ukrainekrieges bei der Beschaffung zu teilweise drastischen Preiserhöhungen kommt. Wir stimmen den zugrundliegenden Wirtschaftsplänen sehr gerne zu und bedanken uns bei den Beschäftigten für ihr Engagement.
  • Und last but not least – Mit unserer bestens aufgestellten Stadtbücherei bieten wir den Menschen freien Zugang zu Medien, Wissen und Unterhaltung aller Art und schaffen einen Ort der Begegnungen. Im laufenden Jahr rechnet das dortige Team mit über 70.000 Ausleihen. All den eben aufgeführten, den Angestellten der Stadtverwaltung, der Verwaltungsspitze aus Bürgermeister Rotter und 1. Stadträtin Andrea Schülner und vielen weiteren
    zollen wir an dieser Stelle den allergrößten Respekt für die Leistungen der vergangenen drei Jahren. Sie haben unter extremen Bedingungen den reibungslosen Betrieb für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt aufrechterhalten. Und nicht nur das, gerade in Krisenzeiten, ist eine funktionierende Stadtgesellschaft auch Zeichen für die Handlungsfähigkeit der Politik und das ist zu großen Teilen ihr Verdienst, vielen Dank!

MEINE DAMEN UND HERREN,

Durch entschlossenes und konsequentes Handel ist es gelungen, aus der finanzpolitischen Schieflage herauszukommen. Die Koalition aus AL und CDU hat ein Jahrzehnt das „Haushaltsschiff“ durch raue, mitunter stürmische See navigiert und in allen Phasen dafür die volle Verantwortung übernommen – auch für Zumutungen an die Bevölkerung wie Gebühren- und Steuererhöhungen sowie Kürzungen kommunaler Leistungen. Keine Entscheidung wurde leichtfertig getroffen. Vorgeschaltet waren immer intensive Abwägungsprozesse und die Einbeziehung von Fachleuten und der Verwaltungsspitze.

Der vorliegende Haushalt 2023 gibt finanzpolitische Planungssicherheit auch vor dem Hintergrund der Unwägbarkeiten einer nicht enden wollenden Aneinanderreihung von Krisen. So zu verfahren, wie von unserer Kämmerin Andrea Schülner vorlegt, ist eine bewusste politische Entscheidung, deren Richtigkeit vor dem Hintergrund der aktuellen schweren Krisen von Tag zu Tag mehr bestätigt wird. Auf der Basis des vorliegenden Zahlenwerkes stimmen wir dem Gesamtwerk sehr gerne zu.

Erlauben Sie mir eine letzte Schlussbemerkung,

Vor dem Hintergrund der großen weltpolitischen Krisen, geht ein Ruck durch unsere Gesellschaft. Wer Augen hat zu sehen und Ohren zu hören, kann nicht leugnen, dass die Menschen verängstigt sind – und wer kann Ihnen das verdenken.

Es gibt in unserem Land, aber auch jene, die versuchen diese Ängste zu verstärken, die sich freuen, wenn es den Menschen in diesem Land schlecht,
die Krisen nicht lösen wollen, sondern herbeisehnen, um daraus politisches Kapital zu schlagen. Machen wir uns daher zwei Wochen vor dem Jahrestag der Hanau-Morde gemeinsam bewusst, dass es am rechten Rand Menschen gibt, die Vielfalt und Solidarität als Bedrohung ansehen – die im Netz zum Umsturz aufrufen und das Vertrauen in die Demokratie zerstören wollen.

Das darf die Gesellschaft und Politik nicht dulden.
Wir von der Andren Liste/die Grünen Rödermark stehen auch künftig auf der anderen Seite der Barrikade,
Seite an Seite mit der großen Mehrheit in diesem Land, die nicht tatenlos zusehen will, wie unsere liberale Demokratie angegriffen wird. Ich bin mir sicher, dass die demokratischen Parteien in diesem Haus in diesem Ziel vereint sind.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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Haushaltsplan der Stadt Rödermark 2023
Stellungnahme Andere Liste / DIE GRÜNEN Rödermark – Mahfooz Malik Stadtverordnetenversammlung am 7. Februar 2023 – TOP 9

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