Briefe von Felix – Der andere Kommentar KW2

Wir sind die letzte Generation

Hallo zusammen,

Wir leben in einer Demokratie. Diese garantiert und schützt das Recht auf Demonstrationen und freie Meinungsäußerung im öffentlichen Raum. Die Verfassung hat festgelegt, dass diese Form der Meinungsäußerung und Meinungsbildung zur generellen politischen Kultur gehört. Es ist in der Geschichte der BRD, im Rahmen von Demonstrationen und politischen Meinungsäußerungen, schon oft auch zu zivilem Ungehorsam, wie Sitzblockaden gekommen. Bei Anti-AKW Protesten, Blockaden von Neonaziaufmärschen oder jetzt Aktionen der „Letzten Generation“. Diese Form des zivilen Widerstandes ist immer schon Gegenstand vieler juristischer und politischer Diskussionen gewesen. Sehen eher konservativ-rechte Juristen in ihr eine Nötigung, bewerten sie andere als eine bestimmte Form von Versammlung, welche geschützt werden muss. 

Ziel dieser Form von Versammlung ist es eben dann, den bestehenden Verkehr in einem bestimmten Bereich zu stören, um den `normalen´ Trott zu stoppen und mit Menschen über ein politisches Thema ins Gespräch zu kommen. Dass dabei auch Staus entstehen, ist Teil der Aktion. Die Blockaden zu unterbrechen, um Rettungsfahrzeugen Platz zu machen, war und ist immer Teil des Aktionskonsenses der „Letzten Generation“ gewesen. Im Umkehrschluss konkrete Aktionen und die daraus resultierenden Staus kausal auf andere Unfälle in oder um den Stau herum zu beziehen, ist weder moralisch noch juristisch durchhaltbar, da es jeden Tag zu tausenden von Staus kommt, einfach weil es zu viele Fahrzeuge gibt, bzw. Menschen eben immer auch Fehler machen. 

Und das Thema, für welches sich die „Letzte Generation“ einsetzt,  ist, da brauche ich hier glaube ich wenig zu sagen, sehr ernst, geradezu bedrohlich. Ja, es ist eine Generationenaufgabe. Nicht nur der Generation, die sich auf Straßen setzt, sondern von allen. Und deshalb sind auch wir alle jene „Letzte Generation“, die in ihrem politischen Leben noch die Möglichkeit hat, das Allerschlimmste zu verhindern. 

Was jedoch, trotz des Wissens um die aktuelle Klimakatastrophe, in den letzten Monaten immerzu aus den deutschen Stammtischen hallt, ist ein Hass, der jeden demokratischen Grundkonsens verlassen hat. So wird Selbstjustiz beklatscht, Polizeigewalt gefeiert und präventive Haft gefordert. Dies alles ist weder mit dem Versammlungsrecht noch mit der demokratischen Grundordnung vereinbar. 

Doch es ist nicht nur die Springer-Presse und der „kleine Mann“, es sind auch durch fast alle Parteien hinweg führende Politiker gewesen, die sich über diese Form des Protests echauffierten. Politiker, die in ihrer Kritik den Gegenstand des Protests, eine scheiternde Klimapolitik, völlig außer Acht lassen und dann aber mit dem Argument der Pragmatik, Engagement kommen. Nach dem Motto, die Aktivisten sollten doch nicht schwarz malen und sich stattdessen mit Optimismus an der politischen Diskussion beteiligen. Nur leider sind viele der Menschen, die vor 4 Jahren noch genau mit diesem Optimismus protestiert haben, mittlerweile (zurecht) enttäuscht und haben resigniert, auch was ihre eigene Zukunft auf diesem Planeten angeht.  Hätten die Politiker jenes Engagement, würden sie, was den Klimaschutz angeht, die Gesetze durchsetzen, zu denen sie sich im Rahmen des Pariser Abkommens von 2015 verpflichtet haben. Nicht mehr und nicht weniger. 

Bleibt gesund und achtsam 
Viele Grüße 
Felix

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